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Man kann nicht alles haben
Work-Life-Balance Viele Führungskräfte stehen permanent vor einem Dilemma: Private und berufliche Ziele lassen sich selten miteinander vereinbaren. Wie Sie es schaffen, Kompromisse zu finden, die Sie zufrieden und gelassener machen.
Von Eric C. Sinoway
Angenommen, ein Unternehmen sucht zwei Mitarbeiter für ein Projekt, mit dem sie sich profilieren könnten. Es erfordert allerdings eine längere Geschäftsreise. Wer soll diesen Auftrag übernehmen? Jeder im Team hat seine Verpflichtungen und steht unter Zeitdruck.
Da ist zum Beispiel der junge Manager, der sehnsüchtig auf seine nächste Beförderung wartet – aber er möchte seine Frau, sein kleines Kind und seinen neugeborenen Sohn ungern allein lassen. Oder der Nachwuchsstar im Unternehmen – eine Frau, die ohnehin ständig Überstunden macht, nebenher an ihrem MBA arbeitet und gerade ihre Hochzeit plant. Dann gibt es den leitenden Angestellten, der gerade dem Vorstand einer gemeinnützigen Organisation beigetreten ist und die erste Sitzung nicht versäumen möchte. Eine weitere Kandidatin ist die alleinstehende Kollegin, die das Projekt zwar gern übernehmen würde, aber alle Hände voll damit zu tun hat, ihren Vater in einem Pflegeheim unterzubringen. Und schließlich ist da der übergewichtige Mitarbeiter, in dessen Familie viele an Diabetes erkrankt sind und der weiß, dass er für diese Geschäftsreise seine neue Diät und sein Bewegungsprogramm über den Haufen werfen müsste.
Es gibt viele Binsenweisheiten über die Bedeutung der richtigen Work-Life-Balance. Sie alle werden der komplexen Situation solcher Mitarbeiter nicht gerecht. Das Streben nach einem sinnvollen, möglichst vielseitigen Leben bringt Entscheidungen mit sich, bei denen es sowohl um kurzfristige taktische Fragen ("Soll ich mich für dieses Projekt melden?") als auch um die langfristige strategische Ausrichtung geht ("Wie muss ich mich positionieren, um beruflich voranzukommen?").