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Ich kann nicht mehr, Chef!
Burn-out Sie sind ausgebrannt und überlastet. Sie fürchten sich vor dem Gespräch mit Ihrer Führungskraft. Doch sie ist die Person, die Ihnen jetzt schnell helfen kann.
Von Ron Carucci
Vor einigen Wochen saß ich als Coach mit einem Klienten in einem seiner virtuellen Führungskräftemeetings. Dabei bemerkte ich, dass ein Kollege ungewöhnlich ruhig und abwesend wirkte. Die paar Male, die Evan etwas sagte, sprach er kurz angebunden und schroff. Sein Verhalten passte nicht zu dem typischen dynamischen Auftreten, das ich zuvor an ihm beobachtet hatte. Daher bat ich ihn nach dem Meeting um ein Gespräch.
Zuerst tat er meine Frage nach seinem Befinden mit den üblichen abweisenden Floskeln ab: „Mir geht es gut, bin nur etwas müde“; „nein, wirklich, ich bin heute nur ein bisschen abwesend, zu viele E-Mails“. Doch als ich meine Bedenken äußerte und aufzählte, was ich an ihm in den vergangenen Monaten beobachtet hatte – mangelnde Energie, Reizbarkeit, untypischer Pessimismus –, gab er schließlich nervös zu: „Ich glaube, ich habe einen Burn-out.“
Evan zählte viele der klassischen Symptome eines Corona-Burn-outs auf: Er fühlte sich überfordert, war ängstlich, er ärgerte sich über seine erhöhte Arbeitsbelastung, war erschöpft und verzweifelt. Als ich ihn fragte, ob er seinem Vorgesetzten davon erzählt habe, reagierte er empört: „Sind Sie verrückt? Auf keinen Fall!“ Dann erklärte er, dass er Angst habe, Kollegen könnten ihn bemitleiden, oder – schlimmer noch – dass er seinen Status als Ansprechpartner und Vertrauensperson verlieren könnte und sein Chef ihm weniger Aufgaben anvertraue.