Namen und Nachrichten DIE ÖKONOMIE DES ...
Islam
Erstarrte Regeln bremsen die muslimische Wirtschaft. Die Macht der Prediger muss gebrochen werden.
Die Männer bleiben politisch am Steuer, aber die Frauen dürfen wenigstens ans Lenkrad. 130 Jahre nachdem Bertha Benz der Erfindung ihres Mannes mit Probefahrten zum Durchbruch verholfen hat, kippt Saudi-Arabien das Fahrverbot für Frauen. Das Königreich, gegründet auf den Bund der Saud-Dynastie mit der erzkonservativen Wahhabiten-Lehre, modernisiert sich vorsichtig.
Ölpreiscrash und riesige Budgetdefizite erzwingen Reformen. Der junge Kronprinz Mohammed Bin Salman (32) pusht den großen Wirtschaftsumbau, seine „Vision 2030“. Die Schlüsselfrage ist freilich, ob die Relegion überhaupt ökonomische Dynamik zulässt, wenn kein PetroReichtum mehr sprudelt. Der Erfolg des Kapitalismus wird seit den Studien Max Webers oft mit der „protestantischen Ethik“ von Fleiß, Sparsamkeit und Bildungseifer erklärt. Liegt es also nicht auch an ihren Glaubensregeln, dass die islamische Welt jahrhundertelang zurückfiel?
Was die Wirtschaftswissenschaftler zum Thema „Islam and Economic Performance“ bisher herausfanden, hat der Ökonom Timur Kuran (63) in einem neuen Paper zusammengetragen. Kuran wuchs auf in der damals noch strikt säkular regierten Türkei, als junger Dozent in den USA stieß er 1983 zufällig auf das kaum erforschte Thema. Zu seinem Metier gehören weder heilige Schriften noch Kulturbeschreibung; sondern die Analyse von Mechanismen, die erklären könnten, weshalb die 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit 2014 im Schnitt nur auf ein kaufkraftbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen von 10 015 Dollar kamen – nicht mal zwei Drittel des Weltniveaus und weniger als ein Viertel des Wohlstands der OECD-Länder (ohne Türkei).