
Leben LEBEN
ALLES NUR SHOW
GASTRONOMIE Mit Kochen allein kommt heute keiner mehr weit. Es sei denn, er kocht im Fernsehen. Die TV-Popularität hat so manchem Küchenchef zu einem kleinen Gastroimperium verholfen.
Zu den Chefdays Mitte September in Berlin, dem Mini-Oscar für Spitzenköche, kamen sie mal wieder alle: Vladimir Mukhin aus dem „White Rabbit“ in Moskau, vom Gourmetmagazin „Rolling Pin“ gefeiert als „der kulinarische Zar der New Russian Cuisine“, Platz 23 der „50 Best“-Liste, mit Hipsterdutt und Bart, zeigt einen Werbefilm, in dem kurz das Logo einer russischen Automarke eingeblendet wird: „We have good food, good cars.“ Dann erzählt er, wie er drei Tage die Woche im Land herumreise, um die russische Küche wiederzuentdecken: Zwiebeln aus Jalta, Äpfel aus Antonovka, Schnecken vom Schwarzen Meer. „Wenn ich koche, muss das Essen aussehen, als ob es aus der Zukunft kommt, schmecken aber muss es wie Großmutters Küche.“ Applaus.
Herein stürmt Nick Bril, in brauner Schürze, der Rockstar der Szene. Vergangene Nacht hat er noch im „Berghain“ aufgelegt, er ist nebenbei DJ. Seine Homebase ist das „The Jane“, eine Fine-Dining-Bude in der Kapelle eines Militärkrankenhauses in Antwerpen. Gekocht wird in einem Glaskubus im ehemaligen Altarraum. Brils Slogan, man ahnt es, lautet: „Food is our religion.“
Sein zweiter: Wenn du ein volles Haus haben willst, musst du es krachen lassen, in den sozialen Netzwerken, im Fernsehen, auf allen Kanälen. 2018 macht er ein neues Restaurant auf. Denn kochen kann Bril natürlich auch, bei ihm gibt's heute Langustine und Auster, mariniert, mit Dashi (ein Fischsud). Noch mehr Applaus.