Editorial EDITORIAL
Führungsfragen

FÜR ERFOLGREICHE GRÜNDER ist es oft schwierig, sich auf die Welt jenseits ihres Firmenhorizonts einzulassen. Sie erobern technisches Neuland, wachsen rasant und distanzieren ihre Konkurrenten. Von ihren Mitarbeitern werden sie bewundert, ihr Wort zählt, und nur ihr Wort gilt. Umso schwerer fällt es, auf Kritik einzugehen. So ergeht es auch Markus Braun, der den Zahlungsdienstleister Wirecard aus der Fast-Pleite in Deutschlands höchstes Börsensegment Dax geführt hat – und sich nun immer wieder mit Vorwürfen auseinandersetzen muss, das Unternehmen bilanziere unsauber.
Meine Kollegin Ursula Schwarzer traf Braun in der Zentrale bei München und erlebte einen Vorstandsvorsitzenden, der in komplizierten Sätzen über Technik und die angeblich goldene Zukunft des Unternehmens spricht, aber Fragen nach den eigentlichen Problemen ausweicht. Gemeinsam mit mm-Redakteur Mark Böschen hat Schwarzer recherchiert, wo die Schwachstelle des Aufsteigers liegt: in einer Unternehmensführung ohne Checks und Balances, in der alle nur tun, was Braun erwartet oder erwarten könnte. Das reicht bis zum Aufsichtsrat, den sich der Vorstandschef nach eigenem Gusto zusammengestellt hat. Wirecards Governance ist eines börsennotierten Konzerns nicht würdig, die Folge: Kontrollverlust. Nun muss Braun grundlegende Reformen einleiten. Wäre doch schade um eine der aussichtsreichsten Digitalfirmen Deutschlands. Unsere Titelgeschichte „Einsturzgefahr“, ab hier.