Unternehmen UNTERNEHMEN
GIFTIGE ATMOSPHÄRE
BAYER Der neue Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann bricht mit Traditionen, Anführer Werner Baumann pocht auf seine Strategie – auch wenn es ihn den Job kosten könnte.

Wenn die Bayer-Vorstände mal kurz etwas mit dem neuen Aufsichtsratschef klären wollen, ziehen sie sich einfach einen Espresso. In der Kaffeebar auf dem Vorstandsflur findet sich Norbert Winkeljohann (63) mindestens zweimal die Woche ein. Sein Büro liegt direkt nebenan. Die besten Informationen bekommt er also am Automaten.
Winkeljohanns Raumordnung ist ein klarer Bruch mit dem Leverkusener Traditionsregime. Während die vor ihm amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Schneider (81) und Werner Wenning (74) immer Abstand hielten und im Gründerzeitgebäude auf der anderen Seite der Kaiser-Wilhelm-Allee arbeiteten, so sucht der neue Mann die Nähe. Die Vorstände dürfen das durchaus als Alarmsignal verstehen.
Das Hemd knitterfrei und blütenweiß, der Kragen offen, das Sakko hängt über der Stuhllehne links neben ihm, die Linse der Kamera ist fest auf sein Gesicht fixiert. Es ist der letzte Montag im November, Winkeljohann sitzt in einem nüchternen Konferenzraum und redet sich warm für seine erste Roadshow, die er als Chefaufseher des Chemie- und Pharmakonzerns später an diesem Tag starten wird. Er hat harte Runden vor sich, bis zu 32 Milliarden Euro büßte Bayer seit Ende Juni an der Börse ein. Allein die Gewinnwarnung, mit der das Unternehmen Ende September überraschte, ließ bis Anfang November zehn Milliarden Euro verdampfen.