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Dies ist kein Investmenttipp
Christoph Bornschein hat digitale Gewinner in Deutschland entdeckt, sehr solide sogar.
Von Christoph Bornschein
Dem Status „Krisenjahr“ zum Trotz war 2020 ein Rekordjahr für Börsengänge in den USA. Vor allem im Gesundheits- und im Techsektor lief das Geschäft, auch befeuert durch die Vielzahl neuer SPACs – Special Purpose Acquisition Companies, die Börsengelder sammeln, um damit andere Unternehmen aufzukaufen und ihrerseits schneller an die Börse zu bringen. Rund 250 SPAC-Börsengänge gab es 2020, im Januar 2021 allein mehr als 90. Niedrigzinsphase, hohe Marktliquidität und eine grundsätzlich andere Börsen- und Investitionskultur, als wir sie hierzulande kennen, kombinieren sich zur Rallye und zum Risiko: „Es gibt im Moment eine Menge Geld auf der Jagd nach Unternehmen“, beschreibt es der Direktor einer amerikanischen Investmentbank. Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen seien da absehbar. Mal ganz abgesehen vom Spekulationsgebaren der Kleinanleger beim Händler Gamestop.
Aus europäischer und vor allem deutscher Sicht mutet das Börsengewese etwas irre an. Die Deutschen sind traditionell Sparer und keine Anleger und jedem Investmentrisiko eher abhold. Auch wenn das letzte Jahr hier einiges in Bewegung gebracht hat: Nur ein knappes Fünftel der rund sieben Billionen Euro an deutschem Geldvermögen liegt in Aktien und Investmentfonds. Im Zweifel geht eben Sicherheit vor Zinssatz. Zu diesem Umfeld passt, dass Unternehmen wie Curevac aus Tübingen oder Biontech aus Mainz nicht im relativ nahen Frankfurt, sondern in New York an die Börse gehen, oder dass das deutsche Insurtech Clark auf seinem Erfolgskurs nun von Tencent beflügelt wird. Innovation aus Europa wird leider immer noch nur in Ausnahmefällen von europäischem Geld finanziert.
Doch der Umschwung ist – mit der üblichen atlantischen Verzögerung – absehbar. Liquiditätsüberschüsse generieren Opportunitäts- und Haltungskosten, die Zugangsschwellen für Anleger werden radikal abgebaut. Letztes Beispiel: der gelungene Börsengang des Gebrauchtwagenhändlers Auto1 in Frankfurt. Zugleich gewinnt die lang prognostizierte Entwicklung wirklich tragfähiger, wertvoller und skalierender Werte im Business-to-Business-Bereich (B2B) an Schwung.