Trends MAGISCHES VIERECK
Crashfaktor Demografie
Das globale Arbeitskräfteangebot beginnt zu schrumpfen – eine fundamentale Trendwende.
Von Henrik Müller
Was für Zeiten! Die Zinsen sind extrem niedrig, die Preise von Wertpapieren, Immobilien und anderen Vermögenswerten schießen durch die Decke. So geht das seit Jahren. Wir sind längst an diese Konstellation gewöhnt. Nicht mal die Corona-Pandemie, verbunden mit der schwersten Rezession seit Generationen, kann dem Trend etwas anhaben. Wird es immer so weitergehen? Die Antwort ist einfach: nein. Viel schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann das Szenario kippt und was danach kommt. Aber eines nach dem anderen.
WIR STEHEN AUF DEM GIPFEL eines historisch außergewöhnlichen Trends: einer beispiellosen Ausweitung des Arbeitsangebots. Seit 1980 ist die Zahl der Menschen im produktiven Alter in Europa, Nord- und Südamerika, Japan und China zusammen um mehr als 60 Prozent gestiegen. Bezieht man Indien mit ein, hat sich das Potenzial an Werktätigen fast verdoppelt. Während die Weltmärkte zusammenwuchsen, beteiligte sich eine immer größere Zahl von Menschen an der globalen Wertschöpfung. Zugleich erreichten immer mehr Bürger ein Wohlstandsniveau, das es ihnen erlaubte, einen Teil ihrer Einkommen zu sparen. Dieses Zusammenspiel aus Demografie und Globalisierung ist das ökonomische Hintergrundrauschen der vergangenen Jahrzehnte.
Es liegt auf der Hand, dass diese Entwicklungen Preiseffekte auslösen: Die Löhne steigen nur mäßig, während ein hochgradig flexibles globales Produktionspotenzial die Güterpreise in Schach hält. Und weil die zunehmenden Einkommensüberschüsse nach Anlagemöglichkeiten suchen, ziehen die Assetpreise an, während der Preis des Kapitals (Zinsen, Renditen) sinkt.